Geheimnisse des Trockenfallens

Mancher Segler, der bisher nur in der Ostsee gesegelt ist und nun mal ins Watt will, hat „Muffe“ vorm Trockenfallen. Wenn man aber ein paar wenige Voraussetzungen beachtet, dann ist das völlig unnötige Angst.

Auf den Schwarzen Gründen

1. Man muss sein Boot kennen.
2. Man muss sich die Stelle zum Trockenfallen gut auswählen.
3. Man muss mit dem Tidenkalender und der Seekarte umgehen können.
4. Gegebenenfalls (bei tieferem Mittelkiel) muss man bei Grundberührung im Priel gleich loten, welche Seite die flachere ist, um zur richtigen Seite zu kippen.
Dazu noch ein paar Bemerkungen:
Sehr anschaulich ist es, wenn man mal in der Bretagne oder Normandie bei Niedrigwasser durch die Häfen läuft! Dort sind bis zu 12m Tidenhub (!) und alle Boote fallen trocken an ihren Bojen. Und fast alle haben Wattstützen montiert. Genial einfach. Sie bleiben einfach gerade auf dem Kiel stehen, haben Backbord wie Steuerbord mittschiffs eine Stütze, nach vorn und achtern abgespannt, und sie aufgebockt wie im Winterlager. Die Boote bleiben zudem das ganze Jahr im Wasser und werden, falls nötig, einfach bei NW mal am Unterwasserschiff entmuschelt und gestrichen.
Natürlich braucht nicht jedes Boot dieses Hilfsmittel. Die besten Boot zum Trockenfallen sind Jollen(kreuzer) mit aufholbarem Schwert und Kimmkieler. Letztere stehen auf beiden Kimmkielen sowie der Ruderhacke so fest und sicher wie auch dreibeinige Stühle: Wackelfrei.

Wattenhoch Mittelpriel

Aber auch Letztere sollten im Priel beim ersten Grundkontakt sofort die Wassertiefe zu beiden Seiten loten und ggf. ihre Lage noch etwas korrigieren. Warum? Ein Priel entwickelt in Kurven mitunter eine steile Prielkante. Wenn man da dumm drauf trocken fällt, dann kippt das Boot stark in Richtung tiefer Priel. Mit etwas Pech kann dann die auflaufende Flut ins Cockpit und ggf. in die Kajüte laufen und im schlimmsten Fall läuft das Boot voll, ehe es sich aufrichten kann. Habe ich zwar noch nie erlebt, ist aber theoretisch denkbar. Meist schwimmen sie aber rechtzeitig wieder auf; es ist aber eine spannende Sache!
Aber auch Boote mit tiefem Kurzkiel können sicher trockenfallen! Nur braucht es mehr Mut und die Bereitschaft, auch mal ein paar Stunden die Kajüte nicht nutzen zu können! Bei uns lief der Hund in solchen Fällen über die Gardinen! Alles war drinnen so schräg, dass man nichts an Bord machen konnte. Das kann bei Regen und Sturm schon mal lästig werden.

Kleiner Priel vor Wattenhoch mit teilweise steilen Kanten

Tiefe Kiele haben im Watt aber noch mehr Nachteile: Es dauert viel länger, bis die Tide hoch genug ist, um über ein Wattenhoch zu kommen. Die anderen sind dann schon längst im Hafen. Aber es geht! Auch Fischkutter haben bis zu 1,80m Tiefgang und kommen noch in ihre Schlickhäfen! Sie fahren auch quer übers Watt beim Fischen. Allerdings kennen sie erstens ihr Revier wie niemand sonst und verfügen zweitens über einen fetten Diesel!
Trockenfallen ist für mich immer noch das Schönste beim Wattensegeln!
Und das, obwohl ich jetzt einen Langkieler mit 90cm Tiefgang segele. Der legt sich ganz schön schief, wenn er trockenfällt! Macht nichts! Deshalb mache ich Mut dazu. Für Kinder ist das Leben im Watt ein ganz besonderer Spielplatz! Muscheln sammeln, auch Austern – die man hinterher kocht und isst – und im Priel baden, während Papa sich Wattwürmer gräbt und dann Flundern fischt. Auch Granat haben wir immer im Priel selbst mit Netzen gefischt, abgekocht und gegessen. Da geht nichts drüber!!!

Brise 1 im Mittelpriel

Wer sich noch nicht so ganz traut, der versucht es beim ersten Mal vielleicht mal zusammen mit einem geübten Wattensegler zusammen. Ich biete solche Hilfe auch immer gern an, weil ich früher auch selber davon profitiert habe…

 

 

 

Wettrennen am Abser Siel: wir werden durch den Schlick gezogen mit dem ersten Wasser!