09. Mai 2023 Dangast-Tour (WHV nach Großensiel)

Wir sind auf dem Rückweg, und da ist es schön, dass wir von West nach Ost reisen und damit lange Tiden haben. Das Wetter ist auch noch sonnig und handig, etwas windig vielleicht, und bis der große Regen mit Sturmböen kommt sind wir hoffentlich im Hafen, wenigstens aber in der Weser.

Jetzt liegen wir in der Kaiserbalje, die Jade mit Weser verbindet, jedenfalls bis zum Fedderwarder Priel und dann schließt sich der Mittelpriel an.  Abkürzen werden wir den wohl auch können, denn der Revierfunk hat eben +1 DM mehr beim nächsten HW in der Weser vermeldet. Und dass, obwohl seit Tagen der Wind aus Osten bläst, was normal für niedrigere Wasserstände sorgt. Gut für uns.

„Robbe“ ist eben ein paarmal mit ihrem Anker vertrieben, ich fürchte, sie müssen sich einen dickeren Anker zulegen. Man nimmt ja gewöhnlich immer eine Gewichtsklasse stärker, als rechnerisch für das Boot vorgeschlagen wird. Dann geht man auf „Nummer sicher“. Auf seinen Anker muss man sich zu allen Zeiten verlassen können! Unser „M“-Anker hielt gestern bei der Dangast-Havarie sogar über Kopp, also mit Flunken nach oben! Wie auch immer…

Also, der Wind legt jetzt zu, das Wasser steigt, die Sonne ist auch noch da. Wir haben in der Anfahrt genau den passenden Zeitpunkt erwischt: Als wir Anker warfen war NW im Priel. Jetzt die üblichen drei Stunden warten und dann wieder Anker auf und mal testen, ob es schon übers Wattenhoch reicht.

Die Datenverbindung hier im Watt ist sehr schlecht. Bilder laden ewig. Deshalb mehr später. Und Werner will die letzte Dose erhitzen – da ist Bohneneintopf drin. Lecker. Können wir jetzt gut gebrauchen.

Morgen dann der letzte Törn zurück nach Ritterhude. Dann ist dieser erste Törn der Saison 2023 auch wieder Geschichte. Auswertung folgt natürlich, sowie auch ein schöner Film und aufbereitete Fotoserien. Alles zu seiner Zeit…..

Jetzt erst mal ein Bild vom Einlaufen die Kaiserbalje, immer entlang K2, K4, K6, K8 bis K12. Das sind keine 7000er Berge, sondern kleine Tonnen im tiefen Teil der Kaiserbalje, die einst noch von Kaiser Wilhelm persönlich durchs Watt gegraben wurde…. (stimmt zwar nicht, aber ein schöner Gedanke….)

Bis später….

„Kommodore“  Holger

 

Und jetzt ist „später“, und zwar gleich ganz viel später. Und dafür gibt es auch einen guten Grund, warum Bernds Tante sich bis jetzt gedulden musste – und vermutlich einige andere auch.

Warten im Watt

Davon will ich erzählen:

Wir lagen also schön vor dem Wattenhoch der Kaiserbalje bei schönsten Wetter, kochten, aßen, rauchten, lasen und schnackten. Und dann schien uns das Wasser hoch genug, einen Versuch zu machen. Es klappte nicht ganz – wie eigentlich immer. Noch zwei, drei Mal mussten wir Anker werfen, weil das Echolot „0“ anzeigte und wir wieder festsaßen. Dann aber lief es gut. Und weil der Revierdienst plus 1 Dezimeter bei dem anstehenden Hochwasser angekündigt hatte, wagte ich auch die Abkürzung über das hohe Watt. Das lief auch alles prächtig, bis uns die „Robbe“ per Funk rief: „Unser Sprit ist alle!“  Motor stand, Boot trieb, nichts ging mehr.

„Robbe“ folgt unserem Kielwasser – solange der Sprit reicht, und das war nicht mehr lange.

Mitten im Nirgendwo. 100 Liter-Tank im Boot, und nun komplett leer. Die Anzeige hatte zuvor ein paarmal Unterschiedliches angezeigt, aber das Vertrauen in die Füllmenge war stärker gewesen als eine gründliche Inspektion. Das rächte sich nun. Der Wind mit Bft 6, in Böen 7, stand uns eh voll auf den Kopf. Nun musste ich die „Robbe“ noch in Schlepp nehmen und auf die Wunderkraft meines Diesels vertrauen. Selbst auf dem hohen Watt war schon Seegang. Ein untrügliches Zeichen dafür, wie es gleich im Weserfahrwasser querab des Containerterminals aussehen würde! Und so kam es auch: kurze, steile See und nur, weil es noch auflief, kamen wir überhaupt nennenswert voran. Wenn zwei Boote in zwei Wellen nicht synchronisiert sich bewegen, dann kann es schon mal gewaltig im Schlepptau krachen. Die Klampen wurden einem Hochleistungstest unterzogen, aber sie hielten. LM ist eben Wertarbeit! Bei ähnlichen Gelegenheiten sind mir auch schon Klampen aus dem Deck gerissen worden bei früheren Booten.

Jedenfalls war klar: Großensiel konnte nicht mehr unser Ziel sein. Erstens zu weit für einen Schleppzug dieser Art und zweitens gibt es dort keinen Diesel zu kaufen! Es bliebt also nur „Neuer Hafen Schleuse“ und Marina „ImJaich“. Direkt dahinter ist eine ARAL-Tankstelle. Rechtzeitig rief ich auf Kanal 69 die Schleuse an und bat um eine Notfall-Schleppschleusung. Das funktonierte sofort und als wir um die Ecke bogen öffneten sich die Schleusentore. Begleitet wurde unser Schleusen-Einzug von einer Kompanie Männer vom Technischen Hilfswerk, die auf einer Art Betriebsausflug waren und vor der Schleuse sich das bunte Treiben ansahen. Als sie unsere Manöver sahen und begriffen, dass wir das nicht freiwillig so machten, toste Applaus vom Ufer auf. Auch raus aus der Schleuse, gottlob im Windschatten, lief alles nach Plan. Wir setzten die „Robbe“ auch perfekt an einem freien Kopfsteg ab, wo sich auch sofort zwei hilfsbereite Segler zur Assistenz fanden und über den Steg sprinteten.

Dann begann die Prozession der Spritholer zur ARAL-Tankstelle und kehrten bald darauf mit lauter nagelneuen, hellblauen Kanistern voll feinsten Ultimate-Diesels ohne Bio-Anteil zurück. Natürlich sprang der Motor auch dann nicht an, weil er Luft gezogen hatte. Also wurde kräftig entlüftet, bis er wieder Lebenszeichen von sich gab.

Hier ein Filmausschnitt vom Wetterschlepp: https://youtu.be/FPplEjY6RHE

Danach war die Luft raus. Erst beim „Robbe“-Chief und kurz darauf auch aus den Biergläser in der Kneipe. Der Tag wurde gekörnt mit groben Bratwürsten von glücklichen Schweinen von Bauer Meyerdiercks aus Fickmühlen (so stand es in der Speisekarte). Lecker!  Und jetzt hängen sie alle schlaf in den Kojen, während ich noch diese Zeilen on air bringen muss/will. „Meine Tante wartet schon darauf!“- sagt Bernd noch. Also, liebe Tante, an Dich geht heute mein besonderer Abendgruß!!

Von den Vorgefahrenen lesen wir, dass sie gut heimgekommen sind. Geschützführer Dieter H. ist schon in Ritterhude und die Varianta-Besatzung hat einen Fachmann an Bord in Grohn, der sie in Sachen Trockenlegung von Innenschalen berät.

Ich werde diese Nacht wieder so gut schlafen wie die letzte, denn wieder ist viel passiert – und wir konnten uns wieder einmal bewähren. Plan B ist eben doch eine gute Sache! Wobei mir nicht ganz klar ist, was Plan B für Bernd gewesen wäre, wenn er alleine über das Watt getuckert wäre und bei Bft 6 auf den Kopp plötzlich ohne Diesel befindlich gewesen wäre?! Aufkreuzen nach Bremerhaven wäre jedenfalls nicht möglich gewesen, nicht einmal für alte Hasen. Ich hätte vermutlich beigedreht und wäre mit zweitem Reff und klitzeklein gerollter Fock zurück nach Fedsiel gelaufen, oder jedenfalls so weit wie möglich und dann geschützt geankert.

Hinzu kommt ja noch – und wir warten minütlich darauf – dass eine fette Gewitter- und Regenfront gleich über uns zieht. Das Radarbild sieht gespenstisch aus!

Also ist es heute wirklich noch mal gut gelaufen und eines ist sicher: Keiner von uns wird jemals wieder zu einer längeren Tour ablegen, ohne sicher zu sein, dass sein Tank randvoll ist! Sich auf Instrumente zu verlassen kann böse enden…

Morgen schleusen wir dann um 1200h aus und tuckern gemeinsam, aber nicht im Schlepp, der Heimat entgegen. Schaumermal…

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Kategorisiert in Logbuch

Von Kommodore

Segler seit 1965. Bevorzugt im Wattenmeer unterwegs. 30 Jahre Jugendwart mit Aufbau einer Zugvogel-Flotte und jährlich mehreren Touren von Fedderwardersiel bis zum Ijsselmeer. Seitdem auch als Ausbilder tätig, früher für Jugendliche, heute für Erwachsene. Sportbootführerscheine und Seefunkzeugnisse. Als Funkamateur natürlich auch mit Kurzwelle an Bord vom "Butt", beliebteste Betriebsart ist immer noch die Morsetelegrafie.

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