
Moin tosamen! Heute kommen die ersten Zeilen schon sehr früh, vor dem Ablegen. Das liegt daran, dass ich erstens das ausgesprochen gute WLAN hier im Woudsender Hafen (das Beste bisher!) noch mal nutzen möchte und zweitens warten wir bis 0900h, weil wir dann erst unsere Liegegebühr bezahlen können. Sich früher davonzumachen finden wir nicht gut, denn dieser Hafen ist beispielhaft gut aufgestellt (wenn man mal von der Nichtanwesenheit eines Hafenmeisters absieht, denn in Grouw waren sogar zwei Hafenmeister ständig vor Ort): Alles sauber, gute Müllentsorgung, prima Duschen, gute Lage auch zum Ort (für die Brötchenholer) und kleine Preise. Alles unter 7,5m Bootslänge ist hier sehr günstig und das kommt uns mit unseren 7,30m ja zugute. Bei den Preisen wirkt sich ganz klar die starke Konkurrenz der vielen Yachthäfen aus und zwar im Sinne der Marktwirtschaft. So, zusammengefasst: also den Hafen „Woudsender Rakken“ unbedingt aufsuchen, falls Ihr mal in Friesland mit Boot oder Camper (die dürfen hier auch hin!) unterwegs sein solltet!
Mit diesen Worten endet der Werbeblock und das Boot um mich rum trocknet langsam weiter in der kräftigen Morgensonne…

Losung vom Mittwoch, 15.6.2022
So, und nun kann’s weitergehen! Wir sind um 1530h in Workum eingelaufen, haben erst einmal einen Gang durch die Stadt gemacht und eingekauft und natürlich auch Eis gegessen. Dann fand es sich, dass wir in der wuchtigen Ortskirche einen netten Kirchenvorsteher trafen, der seine Dienstzeit als Kirchenführer für uns deutlich überschritt und uns eine kleine Privatführung gab. Nun weiß ich vieles über „Hervormde“ und „Gereevormeerte“ Kirchen und dass die kath. Kirche am Ort mangels Masse geschlossen hat.
Polnische und afrikanische Prieser kamen hier bei den Friesen wohl nicht so gut an.
Also, erst mal vorweg: Wir haben heute den weitesten Punkt unseres Törns erreicht! Draußen auf dem Ijsselmeer zwischen Stavoren und Workum, bei einem Kreuzschlag Richtung anderes Ufer bei böigen Bft 1, ins Böen Bft 1,5! Freunde, nun hat man es endlich mal auf eigenem Kiel bis ins Ijsselmeer geschafft, und dann ist da so ziemlich Flaute! Workum haben wir jedenfalls nur dieselnd erreicht.

Aber den ersten Teil des Tages haben wir das ganze Heeger Meer und Flüssen voll durchsegelt! Zwar nie über 3 kn, weil so wenig Wind war, aber es war mal herrlich still. Und es ging auch voran.

Ab jetzt fahren wir also zurück.


Vielleicht bleiben wir morgen noch einen Tag in Workum, denn der Ort gefällt uns sehr. Von allen Orten, an denen wir bisher waren, gefällt er uns sogar am besten! Vor allem vom Boot aus. Schon allein die Seeschleuse ist urig. Klein und ganz anders als die Johann Friso Schleuse in Stavoren! Man spürt, da sind früher nur die alten Fischer durchgeschleust. Kostet zwar 5 Euro, aber dafür kommt ein netter Schleusenwärter höchstpersönlich zu einem runter mit einem langen Stock. Und an diesem Stock sind zwei Dinge befestigt: ein Beutel für Euros und – alternativ – ein Checkkartenlesegerät! Hier wird fast alles mit Karte bezahlt in Holland! Und wenn man bar bezahlt, dann bekommt man kein kleines Wechselgeld heraus. Es wird auf- oder abgerundet. Das finden wir prima! Ich musste doch schon verstärkte Hosenträger anschaffen, weil das elende Kupfermünzenkleingeld mein Portemonnaie so endlos schwer gemacht hat! Muss das wirklich sein? Können Dinge nicht 2 Euro statt 1,99 Euro kosten? Und der eine Cent mehr landet dann hoffentlich nicht bei den Benzin-Gesellschaften….

Also, Freunde, Workum müsst Ihr besuchen! So sehr wir dieses Mal von der kleinsten Stadt Hollands, von Sloten, enttäuscht waren, so sehr sind wir von Workum begeistert. Ist man erst mal durch die Seeschleuse durch, dann ist es fast wie im Mittelalter auf dem Wasser dort: überall liegen hölzerne Plattbodenschiffe der alten Art, denn es gibt einige Holzbootswerften hier, die noch die alten Techniken beherrschen. Dann sind die Fleete, die in den Ort und weiter zum Heeger Meer zurück führen, sehr eng und von wunderschönen kleinen Häuschen mit blühenden Grundstücken gesäumt. Es ist, als führe man durch eine Gartenausstellung. Und ein Bootshafen neben dem anderen, alle aber kleine und nicht überfüllt. Die Brücken sind einzeln besetzt und öffnen sich bei Annäherung. Optimal! Da stören einen auch fünf Brücken nicht! Wir sind im Gemeindehafen gelandet, also kommunalter Träger. Eben kam gerade der Hafenmeister vorbei. Am Tage schreibt er vielleicht Tickets für Falschparker oder macht sonstwas Städtisches. Abends treibt er von uns 13 Euro Liegegeld ein, mit Strom und Dusche selbstverständlich – und Wasser und Müllentsorgung. Und Schwimmen kann man und darf(!) man in diesem Hafen auch. Die Kinder des Ortes machen es vor.
Bei unseren Einkäufen haben wir heute beim Boots- und Angelladen (da könnte ich mich stundenlang drin aufhalten) auch mal wieder einen „Solar-Shower“ entdeckt, ein schwarzes Plastikteil, in das man kaltes Wasser füllt und dann in die Sonne legt. Bereits mittags kann man dann wunderbar warm daraus duschen. Unser letztes Solar-Duschteil hat es irgendwann letztes Jahr im Sturm von Deck gefegt, niemand weiß mehr genau, wo.

Und dann rief Wolf mich an. Wolf ist einer der Söhne von Horst, unserem alten Jugendgruppenunterstützer und Mitsegler, der leider dieses Jahr schon von uns gerufen wurde. Wolf hat sich noch mal für die schöne Beerdigung bedankt, die ich damals halten durfte und mich zum Geburtstag der Mutter, also Horsts Frau, eingeladen. Sie ist schwer behindert und wurde von Horst aufopfernd gepflegt; jetzt ist sie bei der Tochter. Leider sind wir dann noch auf See. Aber ich habe Wolf erzählt, dass ich bereits an Bord mit Nirobecher und Aldi-Dornfelder im Geiste mit Horst angestoßen habe und dass ich es nun heute Abend noch einmal tun werde. Irgendwie segelt er oft noch mit, der unruhige Geist, der keine zwei Minuten stillsitzen konnte, ohne irgendeine „Verbesserung“ aus Resten zu konstruiren. So sind sie oft, die Ingenieure… Horst und Abbi sind mal mit mir und meinem damaligen Waarschip 725 von Borkum nach Emden gesegelt und wir haben, weil Horst darauf drang, trotz kräftigen Windes den Spi gesetzt. Wir heißt: er hat ihn gesetzt. Und dann rauschten wir und zeigten weit größeren Yachten unser Heck. Und Horst war völlig aus dem Häuschen…. So war er… Vermutlich hat er jetzt „oben“ auch schon etliche „Verbesserungsvorschläge“ eingereicht….
Wenn ich noch im Dienst wäre, würde ich beim Abendmahl statt labberigen Traubensaftes wieder Rotwein einführen, natürlich Dornfelder von Aldi. Dann wäre Horst wieder dabei, auf andere Weise…
So, was hier nicht gut ist und eigentlich gar nicht ist, das ist WLAN. Aber man kann nicht alles haben. Also habe ich mein Datenvolumen wieder (teuer) ergänzt und arbeite mit dem WLAN-Teil von Huawei mit einer Mobilkarte drin. Teuer, aber geht. Ich muss mich nur bei den Bilddateien etwas beschränken und nicht immer die schärfsten Auflösungen hochladen, das wird in summa dann teuer. Und damit sind wir beim Thema: Ich lade noch ein paar schöne Fotos hoch und mehr dann, wenn wieder WLAN gratis verfügbar ist, das auch den Namen verdient.
Von jetzt ab geht es wieder Richtung Heimat. Vielleicht ab übermorgen, mal sehen. Entscheiden wir morgen früh. Aber nicht dieselbe Strecke. Ist erstens langweilig und zweitens langsam. Wir werden hinter Grouw den Mast legen und dann den Kanal direkt bis Groningen und Delfzijl so schnell wie möglich zurückdieseln. Wir brauchen dann in der Regel keine Brückenöffnungen mehr abzuwarten, weil wir durchpassen.
Dann geht’s rüber nach Emden, je nach Wetter mit Mast unten oder oben (oben, wenn es brist und man besser segelt als motort) und dann in Emden einschleusen, durch die legendäre Kesselschleuse (Dorit kennt sie noch nicht, ich habe sie mal als Hexenkesselschleuse erlebt) mit den vier Aus-/Einfahrten gehen und dann den Ems-Jade-Kanal über Aurich nach Whv wählen. Schöne Fahrt, ziemlich direkt, und es bleibt eine Segelstrecke für den Rest: über Jade und Kaiserbalje, über Fedderwardersiel nach Absersiel und dann wieder an die Hamme. So der Plan. Heute. Mal sehen, ob er so bleibt….
Bis morgen dann…