So, Beginn der Heimfahrt, aber immer noch im Herzen des Wassersports in Friesland. Heute gegen 0930h in Workum gestartet. Vorher schönes Frühstück mit frischen Brötchen vom „Warme Bakker“ um die Ecke. Viel geklönt mit „Stille Willy“ (dazu später mehr). Wir wollten heute noch mal knackig segeln, aber nun ist wirklich Flaute. Und es ist heiß. Der erste Morgen, an dem die Persenning nicht feucht war. Alle motoren, die Gewässer sind spiegelglatt, nicht mal der Anschein eines Windhauches ist zu sehen. Sehr friedlich, aber leider nicht zum Segeln geeignet. Deshalb dieselt Dorit übers Heeger Meer, schön im Schatten der Persenning, während ich unter Deck mit dem Schreiben beginne. Wir hatten vier Brücken in Workum, alle flott bedient, schon bei Annäherung ging es auf RotGrün, als wir da waren, war auch die Brücke hoch. Einfach nur gut! Und immer freundliche Brückenwärter, die uns etwa für das schöne Wetter dankten.
Heute war so wenig Wind wie noch nie! Bft 0! Wir konnten leider nicht segeln. Schiet!

So, Akku und Bauch sind voll… es kann weitergehen….
Zunächst mal eine interessante Begegnung mit dem „Stille Willy“, wie oben schon erwähnt. Im Yachthafen von Woudsend lag er zwei Boxen weiter, ursprünglich ein alter Eisenkahn, 5m lang und 2m breit. Dann aber hübsch fertiggemacht mit passender Persenning und einem eingebauten Elektromotor als Antrieb. Deshalb der „stille Willy“. Willys Eigner und Umbauer samt Partnerin übernachteten auf dem Gefährt nach allerlei abendlichen und morgendlichen Umbauten. Dann fuhren sie unhörbar gut eine Stunde vor uns los. So weit, so wenig wichtig. Als wir dann mittags fast Stavoren erreicht hatten nach einer echt langen Strecke, überholten wir den stillen Willy und wollten unseren Augen nicht glauben: So weit war er mit seinem E-Motor gekommen und beteuerte auf meine Anfrage, dass seine Batterien immer noch nicht leer seien. Erstaunlich. Was uns dann aber wirklich beeindruckte war, als die beiden mit dem stillen Willy dann auch noch in Workum auftauchten und im selben Hafen wie wir festmachten. Über das Ijsselmeer konnten sie mit der kleinen Kiste nicht gekommen sein. Sie erzählten, sie seien über Gräben mit nur 40cm Wassertiefe hinterm Deich langgefahren und irgendwann in Workum gelandet. Sie wollten nach Hindeloopen, da waren sie auch, aber da gab es keine Ladepunkte für die Akkus. Also weiter….. Abends hab ich dann mit „Willy“ noch mal ausführlich geklönt (er Holländisch, ich Deutsch. Das geht, wenn man sich Mühe gibt.). Er scheint Ingenieur zu sein und das war seine erste lange Probefahrt mit seinem selbstkonstruierten Antrieb vom 4 Batterien à 134 Ah. Er hatte sie zu 48 Volt zusammengeschaltet und ein Spezialgerät mit drei Phasen kontrollierte die Batterien. Die Geschwindigkeit konnte er nur über die Frequenz etwas regeln, bei 40 Hz begann der Spuk auszuflippen. Also nix Vollgas, aber enorme Reichweite. Zur Sicherheit hatte Willy noch einen 3PS Außenborder hinten quer installiert. Den hätte er schwenken und nutzen können, wenn es zu „still“ im Batteriefach geworden wäre. War jedenfalls eine tolle Sache und ich vergaß, ein Foto zu schießen. Sorry.
Jetzt zum für manche leidigen Thema Bräuche der Seefahrt und gesetzliche Regelungen. Es ist wirklich erstaunlich, was man da so beobachten kann.
Fangen wir mal mit den kleinsten Verstößen gegen gute Seemannschaft an. Das sind die – wie ich sie nenne – „Fenderfahrer“. Fast nur Motorboote übrigens. Die hängen sich im Frühjahr die Fender raus, auf allen Seiten, und da bleiben die dann die ganze Saison hängen. Besonders „cool“ sehen die Chartermotorboote aus, die ringsum vom Vercharterer gegen größere Schäden durch Anfängerkapitäne mit Fendern dichtgepflastert werden. Das sieht so hässlich aus, wenn kein Anleger in der Nähe ist und die Fender hängen noch draußen. Reine Faulheit, meine ich. Inzwischen vielleicht auch eine dumme Angewohnheit, die man sich von den anderen abguckt (wie etwas das geistlose Fotografieren mit dem Handy immer im Hochformat, als hätte der Schöpfer uns die Augen übereinander montiert….).
Dann die Sachen mit der Nationalflagge. Jetzt wird es gesetzlich und in DL wird es auch verfolgt und kostet Geld, wenn man dagegen verstößt: Die Nationalflagge muss, wenn das Schiff bemannt ist (auch befraut), am Heck wehen, und zwar von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang (Letzteres ist kein Gesetzt aber eherne maritime Tradition). Es gilt auch keine Europaflagge mit einer kleinen deutschen oben in der Ecke.

Das kostet Strafe – in Deutschland. In Holland ist das ziemlich egal, scheint mir. Boote unter 20m müssen scheinbar gar nicht gekennzeichnet sein, weder mit Nationale, noch mit Heimatort und auch nicht Schiffsnahmen. Anfangs dachten wir noch, da wäre einige unterwegs zum Jahrestreffen der Reichsbürger oder Staatenlosen, aber es wurden immer mehr… Und dann weht die Nationale so lange, wie die Fender hängen, also die ganze Saison. Wie schrecklich. Denn die Flaggen sehen auch entsprechend aus. Ich hab mal gelernt, dass so, wie du mit deiner Flagge umgehst, du auch zu deinem Heimatland stehst. Ich würde gern mal wissen, wie die Amerikaner, Polen oder Ungarn das so halten?! Ich finde es nachlässig bis unwürdig und wie das so ist: die schlechten Sitten verbreiten sich viel schneller als die guten. Leider.
So, dann bin ich das auch noch mal losgeworden.
Aber eins nervt mich auch, was ich von früher gar nicht kannte: Bugstrahlruder! Und inzwischen auch Heckstrahlruder.
Früher konnte man sein Schiff in jedem Hafen ohne Schäden bei fast jeder Wind- und Wetterlage an einen geeigneten Liegeplatz bekommen- ohne Bugstrahlruder. Und man wusste beim Ablegen bei auflandigem Wind auch noch, wie man mittels „Eindampfen in die Spring“ auch wieder vom Anleger weg kam. Alles vergessen, wie es scheint, denn wir haben ja Bugstrahlruder. Damit könnte man zentimetergenau auch das dickste Schiff in die Box kriegen, wenn man denn damit umgehen könnte…
Es ist einfach grausig, was einem in den Häfen so geboten wird. Von den Knoten an den Anlegern will ich erst gar nicht regen. Ich würde mich schämen, mir ein Schiff zu chartern, umbaut mit Fendern, ausgerüstet mit Bug- und Heckstrahlruder, einem riesigen Kühlschrank und – wie ich gestern hörte – sogar mit Sauna! Aber im Chartervertrag steht, dass man damit nicht aufs Ijsselmeer fahren darf. Gehört nicht zum Fahrtgebiet. Liegt sicher nicht an der Seetauglichkeit des Schiffes…
So, und nun zu unserer heutigen Tour.
Wir liegen in Grouw, am exakt selben Platz, mit gutem WLAN. Wir haben wieder im Theehuis lecker Mittag gespeist und verdauen jetzt. Dorit mit wilden Rätseln, ich mit dem Tippen dieser Zeilen. Danach fahren wir noch in den „Prinsenhof“ , ein altes Torfstechergebiet mit verwinkelten Ecken, und suchen uns dort einen Marrekrite-Liegeplatz. Möglichst mit Baum in der Nähe, denn heute Abend ist wieder Conveniat-Telegrafie-Runde auf 3562 Kilohertz, die ich wieder leiten darf. Also muss viel Draht in den Baum, denn mein Achterstag ist dafür zu kurz.
Eingekauft haben wir eben auch noch, weil es hier gleich um die Ecke ist.
Und morgen früh legen wir den Mast (Schnelllegeverfahren) und dieseln über den direkten Prinses Margrietkanal nach Groningen und Delfzijl zurück. Die schnelle Rückrunde, weil die 72 Brücken der Stande Mast Route kennen wir ja nun und brauchen sie so dicht hintereinander nicht gleich wieder. Bleibt mehr Zeit für den Rest… auch schön….
Also, vielleicht melde ich mich heute Abend dann noch mal…
Und Freunde: Nehmt die Fender rein, wenn Ihr abgelegt habt! Holt die Nationale abends rein, wenn die Sonne untergeht. Und übt das Anlegen auch ohne Bugstrahlruder!!! Danke.