Tag 9 Friesland 2022 (9.6.) Garnwerd nach Zoutkamp

Wir haben endgültig die Langsamkeit entdeckt!

Frühstück im Sonnenschein

Während wir früher diese Stande-Mast-Route immer schnellstmöglich entlanggefahren sind, um sobald als möglich ins schöne Friesland zu gelangen, auf Sneekermeer und Heegermeer, so geht es uns jetzt anders. Stille Orte am Wege wie Garnwerd entfalten ihre Vorzüge, und das gleich bei Regen wie bei Sonnenschein. Still ist es wie draußen in der Natur, kein wilder Campingplatz, keine aufgeregte Marina-Action, kein Kommen und Gehen. Und doch hat man alles, was man braucht. Auch eine prima Dusche, wo niemand ansteht, ein funktionierendes, freies WLAN, womit ich über Nacht alle Filme in die Cloud laden konnte- mal nebenher, Strom und Wasser am Steg und einen netten Havenmeester mit einem großen, netten Hund (Riesenschnauzer in schwarz).

Und die Sonne scheint! Wind ist kaum zu spüren, so Bft 1, in Böen 2.

Noch wird nach dem Frühstück aufgeräumt, das Frischwasser im Kanister wurde nachgefüllt und irgendwann gleich tuckern wir los über das Reitdiep Richtung Zoutkamp, wo es ins Lauwersmeer geht.

Teil 2, geschrieben 1500h:

Ein leckeres Mittagessen wird bereitet

Um 1100h haben wir in Garnwerd abgelegt und waren zweieinhalb Stunden später in Zoutkamp. Drei Brücken, eine Schleuse (die sonst offen steht bei Electra) waren per Seefunk schnell angerufen und öffneten unmittelbar danach für uns. Alles zentral gesteuert vom „Post Lauwersoog“ auf Kanal 85. Alle armen Skipper, die keinen Seefunk an Bord haben, hatten es schwerer. Da gibt es diese Knöpfe vor den Brücken. Da muss man draufdrücken und bekommt eine Sprechverbindung mit der Zentrale. Aber meist liegen diese Knöpfe etwas schwer erreichbar mit dem fahrenden Schiff, und wenn dann der Wind noch aus der falschen Richtung kommt, dann muss man den Kahn schon gut beherrschen, wenn es keine Schrammen geben soll. Mit Funk ist alles viel leichter und man versteht sogar Deutsch.

Der alte See-Arm, oder auch Priel, in diesem Falle Reitdiep genannt, weitete sich sich immer mehr, je näher man Zoutkamp kam. Da ein strammer Nordwest heute weht, bildeten sich sogar schon kleine Wellen mit Schaumkronen. Am liebsten liegen wir im Stadthafen von Zoutkamp. Der war aber -für uns vollkommen unerwartet – proppenvoll! Inzwischen kennen wir auch den Grund dafür: über Pfingsten war hier das große Fischerfest und viele sind noch geblieben, vor allem die Fischkutter, die sonst in Lauwersoog liegen. Sie fahren derzeit nicht raus, weil sich das wegen der hohen Dieselpreise nicht lohnt. Hier kostet der Liter Diesel 2,50 Euro. Noch teurer als in Deutschland. Also fuhren wir ein kleines Stück weiter in den Yachthafen Hunzegat, wo wir auch ein hübsches Plätzchen von der netten Hafenmeisterin zugewiesen bekamen. Links ein Plattboden, rechts ein Plattboden. Gemütlich. Und morgen können wir auch Diesel tanken. Mit 1 Liter pro Stunde gestaltet sich das für uns auch mit 2,50 Euro pro Liter noch machbar in Sachen Urlaubskasse.  Kaum vorstellbar, was die Leute mit den „Knallbooten“ und 300 PS Sechszylinder Benziner jetzt so hinlegen müssen, wenn sie bis zu 100 Liter die Stunde durchknallen! Aber man gönnt sich ja sonst nichts, sagen manche und lügen sich ihren Verbrauch ein paar Deziliter herunter.

In der Schleuse bei Electra, die sonst fast immer offen steht.

Das Wetter ist übrigens immer noch wunderbar friesisch, obwohl wir noch gar nicht in Friesland sind, sondern in Nord-Groningen! Und da legen die hier großen Wert darauf. Wir bekamen die friesische Flagge nur, weil wir auch noch die Groninger Flagge mitgekauft haben. Jetzt wehen beiden fröhlich im Mast, wie es sich gehört unter der Steuerbord-Saling. Niederlande ganz oben, darunter Groningen und unten dann Friesland.

Oben Gastflagge Holland, darunter Groningen und unten Friesland

An Backbord-Saling entsprechend der Wichtigkeit: oben Seenotretter, darunter ESV und darunter dann AWV (Abser Wassersport-Verein). So, das war der Beitrag zum Thema „korrekte Flaggenführung“. Denn hier begegnen einem manchmal richtige Geisterschiffe, was uns schon zur Annahme brachte, es sei hier in der Nähe ein Treffen von Wassersportlern, die alle der Reichsbürger- oder Selbstverwalter-Szene angehören: keine Nationalflagge, kein Schiffsname, kein Heimathafen, keine sonstige amtliche Kennzeichnung! Das betraf Deutsche wie Holländer (an der Sprache konnte man sie unterscheiden). In Deutschland kommt einen das teuer zu stehen. Schon die Europa-Flagge mit einer kleinen deutschen oben in der Ecke ist nicht zuglassen und bringt ein Bußgeld mit sich!

 

So, hier liegen wir nun. WLAN funktioniert auch und wir machen ein kleines Nickerchen, ehe wir ins Dorf Zoutkamp aufbrechen, etwas einkaufen und ein Eis essen.

Morgen soll es dann nach Dokkum weiter gehen. Ein Stück rein ins Lauwersmeer, dann wieder spitz abbiegen in die „Dokkumer Ee“, einen weiteren ehemaligen Meeresarm, der uns bis nach Leeuwarden bringen wird. Wir werden berichten….

Später Nachtrag:

Im Urlaub kommt man mit den Wochentagen durcheinander. So habe ich erst recht spät gemerkt, dass Donnerstag ist und damit um 2100h meine Amateurfunkrunde auf dem 80m Band der Kurzwelle in Morsetelegrafie (meine Lieblingsbetriebsart) stattfindet. Mehr noch: Ich bin der Leiter der Runde und musste schon letzte Woche passen, weil der Mast noch lag. Nun braucht man für  80m-Band eine ganze Menge Drahtlänge als Strahler. Da reicht mein Achterstag nicht. Also habe ich 30m Draht vom Masttopp aus quer über den Steg gespannt, möglichst nicht als Stolperfalle. Mein autom. Abstimmgerät hat es auch prima angepasst und ich war heute bis in die Schweiz hinunter mit starkem Signal hörbar. Voller Erfolg! Mit 30m Draht vom Elektriker in Ditzum – dort letztes Jahr gekauft (alternativer Typ, der saß gerade hinterm Haus und schnippelte Bohnen).

Nun konnte ich meinen Keyer (elektronische Morsetaste) nicht finden und musste eine alte, selbgebaute als Notfall wählen.

Mit Morstetaste auf dem Knie…

Die hat mich schier zur Weißglut getrieben, weil das eine Paddle doppelt so schwer ging wie das andere und beide schlecht Kontakt gaben. Aber sie haben mich alle verstanden und hatten Verständnis. Hatte ja auch ein ziemlich ungewöhnliches Rufzeichen. Erstens, weil ich in Holland bin und zweitens, weil vom Schiff aus sende: PA/DJ3BU/mm   (mm=maritime mobile).

/mm-Stationen sind sehr selten und kaum ruft man auf dem Band, wird man sofort angenommen und es wird nach dem Schiff gefragt únd wo man schippert. Zoutkamp kennt nun kaum jemand, weshalb man dann „nr groningen“ ergänzen musste. Eine Stunde lang Telegrafie mit insgesamt 7 Stationen – dann glüht schon mal das Hirn und ich habe dann gesehen, dass ich den langen Draht schnell wieder vom Steg weg bekam, ehe doch noch einer stolpert. Aber wozu? Den ganzen Tag ist keiner über den Steg gekommen, warum jetzt in der Abendstille….???

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Kategorisiert in Logbuch

Von Kommodore

Segler seit 1965. Bevorzugt im Wattenmeer unterwegs. 30 Jahre Jugendwart mit Aufbau einer Zugvogel-Flotte und jährlich mehreren Touren von Fedderwardersiel bis zum Ijsselmeer. Seitdem auch als Ausbilder tätig, früher für Jugendliche, heute für Erwachsene. Sportbootführerscheine und Seefunkzeugnisse. Als Funkamateur natürlich auch mit Kurzwelle an Bord vom "Butt", beliebteste Betriebsart ist immer noch die Morsetelegrafie.

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