Oder: Welche Seite? Wie viel Abstand?

Für Leute, die erstmalig ins Watt fahren, gibt es zwei Kernfragen:
1. Habe ich genug Wasser unter Kiel?
2. Wie muss ich die Pricken ansteuern und welchen Abstand muss ich halten?
Zunächst einmal: Wohl dem, der überhaupt noch Pricken vorfindet, wo laut Karte welche sein sollten! Gerade zu Saisonbeginn oder am Saisonende fehlen schon mal welche. Sie wurden noch nicht gesetzt oder haben sich im Sturm selbstständig gemacht. Und dann entstehen Lücken und bei schlechter Sicht steigt einem schnell das Grauen auf, wenn man die nächste Pricke nicht entdecken kann! Dann helfen nur noch Karte, Kompass und Echolot!
Ein paar Grundweisheiten helfen auch weiter:
1. Prickenwege werden immer von Westen kommend betonnt (siehe Seekarte!). Dann muss ich eine Backbordpricke auch backbords liegen lassen. Erfreulicherweise haben sie oft auch noch ein rotes Bändsel.
2. Grüne Tonnen sind oben spitz, rote Tonnen oben platt. Entsprechend auch die Pricken: Backbordpricken haben oben Besen (=platt) und Steuerbordpricken haben die Besen verkehrt herum, also Spitze nach oben.
Achtung: In der Regel ist nur eine Fahrwasserseite im Priel bezeichnet, aber manchmal wechseln die Seiten und die Spitze der Pricken! Wahrschau!!! Das liegt immer an der Steilkante des Priels, die mal wechseln kann.
3. Am Übergang von einem betonnten Hauptfahrwasser zu einem Prickenweg steht eine Ansteuerungspricke. Die soll aus drei Stämmen bestehen, oft sind es aber auch nur zwei. Beim Wattenhoch finden sich die zwei Stämme dann oft noch mal wieder.
4. Der Abstand zur Pricke kann sehr unterschiedlich sein.
Bedenke: Pricken stehen schon auf dem Trockenen! Manchmal ist ein Priel breit und tief (siehe etwa Mittelpriel oder Anfang Kaiserbalje) und dann kann man locker 20-50m von den Pricken entfernt fahren. In der Nähe vom Wattenhoch sollte man dann doch eher auf ca. 5m Abstand fahren. Hier hilft der Blick aufs analoge Echolot: Man fährt ein wenig Schlangenlinien und beobachtet die rote LED, ob sie rauf oder runter wandert (bei digitalen Anzeigen muss man immer irgendwie rechnen).
Genial kompliziert war übrigens bis vorletztes Jahr die Südausfahrt der Schweiburg, gegenüber von Sandstedt: Auf ca. 100m standen rund 30 Pricken, die mehrfach die Seite wechselten, also oben unterschiedlich waren. Und am Ende war eine Stange. Das war aber die Endstange einer Buhne und keine Pricke, war nur verdächtig dicht dran. An der Navigation sind manche gescheitert und festgekommen. Jetzt ist die Ausfahrt narrensicher umbeprickt worden. Also ruhig mal nahe HW durchfahren…
Wer jetzt noch etwas Nervenkitzel braucht, der laufe einmal, am besten bei auflaufendem Wasser, die Kutterhafen Wremen an! Die Fischer stecken ihre Pricken selbst, der Priel ist schmal und tief gekerbt, jeder Fahrfehler wird gnadenlos mit Festkommen enden. Die Pricken haben keine Topzeichen und sind einfache Äste von Lärchenbäumen. Am Ende, kurz vorm Hafen, gehen sie in „Torbefeuerung“ über, also zu beiden Seiten. Und spätestens da brummt ein Anfänger auf. Alles nicht schlimm, so lange das Wasser aufläuft…. und man keinem Kutter begegnet…. Ruhig mal probieren, lohnt sich!!! Das Anlegebier schmeckt dann dreimal so gut!