Fazit des Friesland-Törns im Juni 2022

  1. Wir haben unser Ziel „Ijsselmeer“ erreicht, und zwar in guter Zeit und ohne Sturmtage ausharren zu müssen.
  2. Wir hatten fast durchgängig gutes Wetter. In Groningen aber hat es fett geschüttet, es war aber der einzige richtig schlechte Tag.
  3. „Butt“ hat sich sehr bewährt. Alle An- und Umbauten erwiesen sich als funktional und sinnvoll. Der Diesel lief wie an Schnürchen und brauchte tatsächlich nur 1 Liter pro Stunde in Marschfahrt. Besonders bewährt aus meiner individuellen Sicht hat sich die mit vier kleinen Brettchen allabendlich zu erweiternde Koje. Ich hatte deutlich mehr Platz beim Schlafen  und stieß nicht dauern im Schlaf gegen die Ablage über den Kojen. Insgesamt haben wir sehr gut geschlafen, was eine wichtige Voraussetzung für den jeweils nächsten Tag bedeutet und für die Stimmung an Bord.
  4. AIS und Seefunk sind prächtige Hilfen!  Seefunk ist sogar unersetzlich inzwischen. Ich wüsste gar nicht, wie ich mich vor mancher Brücke oder Schleuse verhalten hätte, wenn ich nicht per Funk Aufklärung bekommen hätte! Und per AIS sah ich stets auch hinter Kurven, ob sich ein Schiff näherte, welches es war, wie groß, wie schnell und ggf. hätte ich es per Klick auf den Bildschirm anrufen können – digital und dann per Sprechfunk auf dem von mir zu bestimmenden Kanal. Alles automatisch, was in Krisensituationen von großem Vorteil sein kann. Ich wundere mich, dass noch so wenige Sportboote, auch gerade ganz teure, wo Geld nicht so die Rolle spielt, mit aktivem AIS ausgestattet sind. Das ist nicht teuer!!!
  5. Holland/Niederlande:  Wenn ich mal eine andere Staatsbürgerschaft annehmen müsste (was ich nicht anstrebe), dann wäre es die niederländische. Die holländische Art, Dinge zu verstehen, zu regeln, zu schnacken, die gefällt mir. Insgesamt sind die entspannter als wir Deutschen, so mein Eindruck. Und sie haben, vor allem im Wassersport und damit verbunden im Naturschutz ein ganz anderes Verständnis und eine andere Wichtigkeit dafür als hier im Lande. Bei uns wird ein Naturschutzgebiet eingerichtet (angeblich, weil die EU das will) und dann wird uns verboten, dort zu angeln oder mit dem Boot zu fahren. Verbote. Nirgends gibt es mehr als bei uns. In Holland hat man verstanden, dass man Menschen nur motivieren kann, Natur und Umwelt zu schützen, wenn man sie dort auch unterwegs sein lassen kann und sie erleben darf. Da gibt es auch Regeln, aber man hilft den Menschen auch. Zum Beispiel mit jeder Menge toller Anlegemöglichkeiten („Marrekrite„) mitten in der Natur, sogar mit Müllgefäßen, die regelmäßig geleert werden! 3 Tage darf man an einem solchen Ort liegen, und dann zum nächsten wechseln, wenn man möchte. Es gib unglaublich viele Yachthäfen, immer auch kommunale, die alle bestens ausgestattet sind und dabei sehr preiswert. Das macht eben auch die Konkurrenzsituation. Ebenso viele Werften und technische Betriebe gibt es dort, deren Hilfe wir zum Glück nicht in Anspruch nehmen musste. Perfekt und beispielhaft.  An allen Brücken und Schleusen leuchten (anders als in Deutschland) die gesetzlichen Lichter. Man weiß sofort, woran man ist. Ferner sind viele Brücken aus der Ferne gesteuert. Man bekommt an jeder Brücke einen Funkkanal und hat man sich einmal dort gemeldet, dann haben die einen auf dem Schirm und öffnen auch ohne weitere Rückfrage zeitlich passend die nächsten Brücken. Das geht so weit, dass man nicht mal Gas wegnehmen muss – als wäre keine Brücke vorhanden. Brückenzoll („Klompgeld“) wird nur noch an wenigen Brücken, die von kleinen Orten betrieben werden, gefordert. Da zahlt man in Dokkum z.B. für drei Brücken zusammen 5 Euro. Neuerdings auch mit Karte. Der Brückenwärter reicht eine Holzlatte runter, an der ein Kartenlesegerät befestigt ist. An der Schleuse in Workum übrigens genauso. In Deutschland unvorstellbar.  Angelschein ist online zu beziehen, günstig und für die gesamten Niederlande und eine App bestätigt mir über GPS, dass ich da, wo ich gerade liege, auch angeln darf. Bei uns unvorstellbar. Hier herrscht finsteren Mittelalter besonders bezüglich der lokalen und regionalen Zuständigkeiten von Vereinen, Fischern und Behörden. Man nannte das früher „Kleinstaaterei“. Daran hat sich nicht viel geändert. Ist man aber erst mal holländisch verwöhnt, dann fallen einem in Deutschland die Mängel überhaupt erst richtig auf! Das geht schon beim Ton los, der von einer „Behörde“, die eine Brücke oder Schleuse verwaltet, gegenüber Wassersportlern herrscht. Man hat es nicht mit „Kunden„, deren Steuergeld den eigenen Posten bezahlt, zu tun, sondern scheinbar mit lästigen Querulanten, deren Anliegen erst einmal drittrangig einsortiert und entsprechend unfreundlich und häufig „von oben herab“ kommentiert wird. Oberlehrerhafte Züge an vielen Stellen. Mir ist das peinlich für die holl. Bootfahrer, die etwa durch die Wilhelmshavener Seeschleuse müssen und auch so „abgefertigt“ werden. Vielleicht liegt das dort auch mit daran, dass die häufig mit Militär zu tun haben, und da stören „Zivilisten“ möglicherweise. Behördenfahrzeuge indes behandelt man nett korrekt, uns nur „korrekt“ im Sinne der Juristen. Der Satz, den man bei des Ausbildung zum Seefunkzeugnis lernt, einen solchen Kontakt mit „have a goot watch! – noch eine gute Wache“ zu beenden, bleibt einem da leider manchmal im Halse stecken. Es wäre ein ganz anderer „Ton“.
  6. Kanäle. Wir haben beide (deutschen) Kanäle befahren, den Elisabethfehnkanal in Verbindung mit dem Küstenkanal (Hinweg) und den Ems-Jade-Kanal auf dem Rückweg. Würden wir noch einmal fahren, würden wir (außer, wenn man über das Watt zurücksegelt natürlich!) für beide Wege den Elisabethfehnkanal wählen. Warum? Nicht nur, weil er einfach idyllischer und schöner ist. Und sicher nicht, weil man vorher noch die schreckliche Hunte und die grüne Hölle des Küstenkanals befahren muss. Das nimmt man dann in Kauf. E-fehnkanal und die Leda und die untere Ems sind einfach schön. Und da gibt es nette Häfen wie Ditzum und Loga und Jemgum, wo es wirklich schön ist und nette Wassersportkameraden sich hilfreich tummeln. Der Ems-Jade-Kanal beginnt und endet mit furchtbaren Schleusen (Emden und WHV) und dann unendlich viele Brücken und Schleusen. Es zieht sich. Und ist nicht landschaftlich ganz so schön. Aurich indes ist ein schöner Liegeplatz, der zu empfehlen ist. Aber je weiter man Richtung WHV kommt, desto weniger schön wird es. Aber es muss auch erwähnt werden, dass das Weitermelden von Brücke zu Brücke und Schleuse durchaus funktioniert!
  7. Wichtig für Ems-Jade-Kanal: Der kostet! Und zwar 36 Euro für die 6 Schleusen. Seit 2022. Wir haben sie bezahlt. Da kann man lange diskutieren, ob das angemessen ist, oder nicht. Es gibt aber eine Möglichkeit, das Geld zu sparen: Der DMYV oder der DSV, die Dachverbände unserer Vereine, übernehmen nämlich die Kosten für ein ganzes Jahr, wenn man für nur 3 Euro bei denen einen entsprechenden Wimpel kauft! Das hatte ich vor einem halben Jahr gehört und dort beim DMYV angefragt, aber die Dame hatte noch keine Wimpel damals. Später habe ich das vergessen und so haben wir halt 36 Euro bezahlt. Der E-fehnkanal ist gratis, die holländischen eh.
  8. Der Segelwind war meist an den Tagen, an denen wir den Mast gelegt hatten. Auf dem Ijsselmeer selbst war Schwachwind bis Flaute, als wir von Stavoren nach Workum unterwegs waren. Man kann sich das leider nicht aussuchen… aber es waren ein paar sehr schöne Segelstunden dabei, und darauf kommt es an.
  9. Angeln: Ich habe eine Dose Frühstücksfleisch als Köder verangelt über die Tage, am Ende mit reichlich „haut gout“ für die Fische, hatte mehrere auch kräftige Bisse, aber habe leider keinen Fisch aus dem Wasser holen können. Vielleicht auch ganz gut so – sagt die Eignerin. Aber es war sehr entspannend beim Sonnenuntergang zu angeln.
  10. Amateurfunk: Kurzwelle an Bord zu haben, kann kurzweilig sein! Wenn man mal wieder Zeit hat und auf die Tide wartet. Wenn man sich mit Amateurfunkfreunden verabredet (sked) und sich auf der Kurzwelle begleiten lässt. Wenn man mal mit außergewöhnlichem Rufzeichen unterwegs ist und deshalb als Funkpartner sehr begehrt ist: PA/DJ3BU/mm/qrp  zum Beispiel. Das heißt: Deutsche Amateurfunkstelle DJ3BU in Holland (PA) unterwegs auf einem Boot/Schiff (/mm= maritime mobile) mit kleiner Leistung (5 Watt Hochfrequenz) = qrp.  Solche Stationen sind eben eher selten auf den Bändern zu hören und ziehen sofort Gleichgesinnte an. Meine Conveniat-Runde (ökum. Freundeskreis Funkamateure im kirchl. Dienst) in Telegrafie habe ich auch zweimal von Bord aus geleitet. Dazu habe ich die Antenne verlängert und 30m Draht in einen Baum gespannt. Es ist schön, zwei Hobbys miteinander verbinden zu können.
  11. Der Film: Jetzt ist er fertig und hier zu sehen: Friesland 2022 – Der Film

Von Kommodore

Segler seit 1965. Bevorzugt im Wattenmeer unterwegs. 30 Jahre Jugendwart mit Aufbau einer Zugvogel-Flotte und jährlich mehreren Touren von Fedderwardersiel bis zum Ijsselmeer. Seitdem auch als Ausbilder tätig, früher für Jugendliche, heute für Erwachsene. Sportbootführerscheine und Seefunkzeugnisse. Als Funkamateur natürlich auch mit Kurzwelle an Bord vom "Butt", beliebteste Betriebsart ist immer noch die Morsetelegrafie.

Ein Kommentar

  1. Nett geschrieben, hier spürt ein jeder, der Kommodore war mit sich im reinen. Bei so einer Tour kann ein jeder entspannen und die Zeit vergeht sicher ganz schnell. DL4HCF oder auch Hubert genannt

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