Traditionen wahren!

Ich selbst gehöre vom Jahrgang her zur Generation der „Alt-68er“, obwohl ich mich selbst nie mit den revolutionären und immer nur „kritischen“ Gedanken dieser inzwischen Großväter identifiziert habe.  Vielmehr ist mir mit den Jahrzehnten die Wichtigkeit alter Traditionen aufgegangen und was sich auch Sinnstiftendes damit verbinden kann. So viel zur Theorie, jetzt die Praxis: Was meine ich genau?

Die guten alten Sitten der Seefahrt und der Traditionspflege.

1. „Adenauer“ zum Beispiel

Ich meine unsere schwarzrotgoldene Nationalflagge („Fahne“ ist etwas, was man riechen kann). Wir müssen sie führen, wenn wir ablegen und in See stechen – oder auch nur in Teich oder Kanal. Das ist keine Frage des „man könnte“ (auch wenn ich sie schon mal vergessen habe….), sondern es handelt sich um eine gesetzliche Regelung. Die Nationalflagge darf man nur weglassen, wenn man Regatta segelt und aktiver Teil des Regattafeldes ist. Scheidet man aus oder gibt auf, dann muss man, obwohl vielleicht noch mitten im Regattafeld, sofort die Nationale setzen.

Das teilt den anderen dann meinen geänderten Status mit. Sonst immer nur „mit“….  Zusätzlich wird die Nationale auch im Hafen gesetzt, wenn jemand an Bord ist, und zwar zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang.  Es ist eine schändliche Unsitte, die Nationale dauerhaft wehen zu lassen, durch Nacht und Sturm. Ich habe auch schon Wassersportler erlebt, die – mangels eines besseren „Lappens“, mit der Nationale ihre Zündkerzen gereinigt haben!!!  Die Flagge steht für unser Land. Für alles, was uns (hoffentlich!) an diesem Land wert ist. Unser Umgang mit der Nationale ist ein Spiegelbild unseres Umgangs mit unserem Land und seinen Werten. Das hat nichts mit Nationalismus oder Rechtsradikalismus zu tun, das ist schlicht ein ganz normales, gutes Verhalten, was man in Holland, Dänemark und anders in Demokratien immer wieder beobachten kann – und sollte. Nur wir Deutschen neigen zu Extremen: Entweder wir die Flagge zur „Blutflagge“ – oder wir putzen verölte Zündkerzen damit ab… Schauderhaft!!!

2. Gastlandflagge, Vereinsstander und „Sonstige“

Ebenso ein Thema der Flaggenführung, das immer mehr der Verwahrlosung durch Desinteresse unterliegt, ist die Führung der kleinen Wimpel. Sie stehen für den eigenen Verein (der meist sehr stolz auf seinen „Stander“ ist), für das Gastland, das ich durchsegele oder auch für eine übergeordnete Organisation wie irgendein Segel-oder Motoryachtverband oder die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Bei Segelbooten ist es ganz klar geregelt, wo welcher Stander oder welche Flagge zu wehen hat. Für Motorboote muss man dafür nur den „Mast“ verkleinern und dann genauso montieren (die „Saling“ ist die „Querstange“ oben am Mast, die beim Segelboot die Wanten, die den Mast halten, vom Mast wegdrücken und damit effektiver gestalten soll): Unter der Backbordsaling (also „links“ vom Mast!) weht der Vereinsstander, ggf. ergänzt durch besagte Stander irgendwelcher übergeordneter maritimer Organisationen wie DGzRS und maritimer Verbände, allerdings nicht der Gewerkschaft oder einer Partei. Auch ein Spenderwimpel der DGzRS, der anzeigt, dass ich dieses noble und unersetzbare Rettungswerk, das sich allein von Spenden finanziert, durch regelmäßige Spenden unterstütze. Mehr nicht. Unter der Steuerbordsaling (also „rechts“ vom Mast!) weht – nur bei Aufenthalt in fremden Gewässern – die Gastlandflagge. Überquere ich also den Dollard und laufe Delfzijl an, dann muss ich mittendrin die niederländische Flagge dort hissen. Bei Heimfahrt dann umgekehrt, also wegnehmen. Die Stander und Gastlandflagge wehen durchgängig, unabhängig von der eigenen Nationalflagge, werden also nicht abends eingeholt. Wer überdimensionale „Becks“-Flaggen setzt oder Vergleichbares, der veranstaltet allenfalls eine Art Christopher-Street-Day-Parade auf dem Wasser oder wir dafür bezahlt oder lockt die Wasserschutzpolizei an, mal den Pegel des Schiffsführer zu überprüfen.

3. Fenderspiele

Darin unterscheiden sich Segler und Motorbootfahrer bis heute wohl am sichtbarsten:  (Noch) sind die meisten Segler darauf bedacht, wenn sie Liegeplatz oder Schleuse verlassen, umgehend ihre Fender zu bergen und zu verstauen. Einhandsegler lassen sie schon mal aus wichtigen Gründen decksseitig der Seereling liegen, um sie schneller wieder in Einsatz bringen zu können. Für Segler ist es weitgehend noch ein „Graus“ mit Fender zu segeln! Gut so! Ich finde es auch furchtbar. Viele Motorbootfahrer indes hängen nicht nur mehr Fender raus als eigentlich nötig (wenn man fahren kann), sondern lassen sie aus praktischen Gründen auch gleich dort hängen. Ich wundere mich, dass noch kein Bootshersteller auf die Idee dauerhaft angebauter Fender gekommen ist! Die Rettungsboote und Kreuzer der DGzRS haben so etwas, und da macht es ja auch Sinn, denn sie crashen schon mal im Orkan an Stellen, wo gerade kein ordentlicher Fender hängt oder hängen bleibt.  Am grausigsten sind Charter-Motorboote in dieser Hinsicht, aber vermutlich auch aus gutem Grund – was eben das (Nicht)-Können ihrer Kapitäne angeht. Also, nicht vergessen: raus aus der Schleuse- Fender rein! Sie immer wieder an der Reling zu befestigen übt übrigens auch in Knotenkunde, bevorzugt den Webeleinstek – auf Slip…